Männermachtgehabe … und wie Frauen mitspielen

Schon eine Woche nach der Veröffentlichung hatte ich Veetas gesamte Video-Reihe bereits gesehen. Ich musste mich beim Anschauen sehr bemühen, mir nicht zu viele Folgen auf einmal „reinzuziehen“, so spannend und anschaulich fand ich „Die Rückkehr der Königin“. Es war alles so sehr aus dem Leben gegriffen und auf den Punkt gebracht. Zum Beispiel wie Frauen im Namen der Religion seit Jahrtausenden zu Menschen zweiter Klasse gemacht werden. 

Mr and Mrs Plump

Am meisten hat mich das 4. Video „Mr and Mrs Plump“ angesprochen. In diesem Video macht Veeta plumpes Männermachtgehabe zum Thema. Sie zeigt einen Filmausschnitt des Antrittsbesuches von Angela Merkel beim amtierenden amerikanischen Präsidenten, in dem diese von Mr. Trump „vorgeführt wird wie ein Schulmädchen“. 

Durch meinen Beruf als Wissenschaftlerin bin ich sehr in der Männerwelt zu Hause. Deshalb kenne ich dieses Machtgehabe aus meinem Berufsalltag. Nicht ganz so plump und krass wie im Filmbeispiel, aber offensichtlich und allgegenwärtig. Am Frühstückstisch sind frauenfeindliche Witze und Bemerkungen selbstverständlich, auch in Akademikerkreisen. Insgeheim stelle ich mich dann über meine Kollegen und verachte sie für die Gesinnung, die da zutage tritt. Aber ebenso wie Angela Merkel in Veetas Video mache ich (noch) gute Miene zu diesem unguten Spiel.

So wie es in der Weltpolitik gang und gäbe ist erlebe ich in meinem Umfeld seit einigen Jahrzehnten, dass bis auf wenige Ausnahmen besonders Männer mit Trump’schem Führungsstil in Wissenschaft und Industrie Karriere machen. Laute und dominante, unehrliche und selbstherrliche Männer demotivieren ihre Mitarbeiter*innen eher, als dass sie ein fruchtbares und kreatives Miteinander ermöglichen.

Ich schweige still …

Langsam dämmert mir, dass ich die Fehlbesetzung von Führungspositionen und das Ungleichgewicht zwischen Frauen und Männern unterstütze, indem ich mich raushalte, geschweige denn, selbst eine Führungsposition einnehme. Ich weiß noch nicht sehr lange, dass ich auch eine Matriarchin in mir habe, die sich ruhig verhält, weil sie es aufgegeben hat, bei diesem unguten Machtgehabe mitzuspielen.

… bis mir der Kragen platzt

Warum ich so viel Resonanz mit „Mr and Mrs Plump“ habe, ist mir neulich bei einem Besuch meines Schwagers noch klarer geworden. Ich hatte mir erlaubt, ihn vorsichtig auf seine Selbstbezogenheit und auf seine widersprüchlichen Aussagen anzusprechen. Als mir im weiteren Verlauf des Gesprächs immer deutlicher wurde, wie unreflektiert, selbstherrlich („Ich habe in meinem Leben alles richtig gemacht.“) und menschenverachtend er sich mir und unserer Familie gegenüber verhält, ist mir der Kragen geplatzt. Vor lauter Ohnmacht habe ich auf den Tisch gehauen, ihn angeschrien und bin gegangen. Da saß mir ein kleiner Trump gegenüber, und das mitten in meiner Familie und nicht nur im weit entfernten Amerika!

Wütende Frau
Quelle Shutterstock

Anschließend war ich etwas erschrocken über mich, denn meine vorderen Personen sind eher freundlich und angepasst. Gleichzeitig hat es sich befreiend angefühlt. Und ich war auch stolz auf mich, dass ich nicht nur passiv und widerspruchslos zugehört habe. Hier hat sich die Wut meiner Matriarchin Bahn gebrochen. 

Meine Matriarchin meldet sich zu Wort

Ich weiß zwar noch nichts von ihrer Geschichte, aber ich ahne, dass sie (schon) einmal wegen Männern à la Trump gegangen ist. Schreien und gewalttätig sein gehört hoffentlich nur im Notfall zu ihrer Art. Auch wenn ihr Verhalten im Moment noch unreflektiert ist, bin ich froh, dass meine Matriarchin anfängt, nicht mehr mitzuspielen. Nur so wird es irgendwann keine frauenfeindlichen Witze am Frühstückstisch und gedemütigte Politikerinnen bei Antrittsbesuchen mehr geben. Ob mein Matriarchin vielleicht ihrerseits Männer für ihre Zwecke benutzt, ist noch offen. 

2 Gedanken zu „Männermachtgehabe … und wie Frauen mitspielen“

  1. Liebe Stella,
    du beschreibst sehr gut die Zwickmühle, in der sich Frauen befinden. Entweder du passt dich an und gibst etwas Wichtiges auf, oder du haust auf den Tisch und wirst dann schnell als aggressiv oder hysterisch abgekanzelt. Und wirst womöglich selbst zur Zielscheibe. Das kenne ich zur Genüge aus eigener Erfahrung. So funktioniert das System ja. Und du weißt, dass es richtig ist, sich dagegenzustellen, aber die falsche Art macht es dann in deinem eigenen Empfinden wieder falsch. Es dauert sehr lange, in sich genug Sicherheit und Selbstbewusstsein zu entwickeln, um wirklich zu führen, auch für eine Matriarchin, die das Potential dafür ja hat. Bis dahin stimme ich dir zu, dass auf den Tisch hauen und brüllen ein echter Fortschritt ist. Ein Zwischenschritt, aber in die richtige Richtung. Deine Matriarchin will ja etwas Gutes, also wird sie auch eine gute Art in sich finden. Denn diese Dinge, die du beschreibst, müssen benannt werden, wenn sich etwas ändern soll.
    Und ja, Veetas Videoreihe ist ganz wunderbar.

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  2. Vielen Dank für Deinen Bericht und das Teilen Deiner Erfahrung des „Kragenplatzens“. Ich kann mir das Gefühl der Befreiung gut vorstellen und hoffe , dass meine Matriachin, die sich selbst von solchen eindeutigen und sichtbaren Reaktionen distanziert, irgendwann wieder konstruktiv an meinem Leben teilnimmt. Ich denke, dass es eine gewisse Wucht in Reaktion auf solche Männer braucht, um diesem machtvollen Gehabe etwas entgegen zu setzen.

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