Der Text der Hopi – eine wunderbare Vision, die man leider in der eigenen, lebendigen Fantasie gut und gerne nutzen kann, um der Realität zu entfliehen. Sich der eigenen Illusion hinzugeben kann davon abhalten, die Vision wirklich zu leben. Ich habe das lange Zeit so gemacht. In meinen Gedanken habe ich sie mir oft ausgemalt, ohne dass sich in meinem realen Leben etwas davon verwirklicht hätte.
Ich habe mir vorgestellt wie es wäre, in einer guten Gemeinschaft zusammen mit lieben Menschen zu sein, eine glückliche Liebesbeziehung zu leben und im Einklang mit der Natur ein einfaches, gutes Leben zu haben.
In meiner Schein-Blase
In dieser positiven Illusion habe ich mich wunderbar gefühlt. Ich hatte eine reine Weste, nur Gutes im Sinn, habe mich selbst als edel und tugendhaft erlebt. Das Leben als perfekte Reality-Show, in der ich immer die Kontrolle habe und in meiner eigenen Blase lebe – eine innere Show, in der ich mich selbst intensiv spüre, aber letztlich immer für mich bleibe. Dass mich das von den Menschen abtrennt, dafür war ich blind. Ich war so erfüllt von meiner Illusion, dass ich das, was tatsächlich passierte, schön gezeichnet habe. Ich nahm zum Beispiel nicht mehr wahr, wie es anderen Menschen mit mir ging. Wie vor den Kopf gestossen war ich, wenn jemand ein Problem mit mir hatte. In meinem positiven Selbstbild hatte das keinen Platz.
Erkennen
Durch die IndividualSystemik habe ich begriffen, dass ich dieses Phänomen in mir selbst herstelle. In Einzelsitzungen und durch intensive Traumarbeit habe ich einen zentralen Teil von mir kennengelernt, der mit all seiner Willenskraft diese Schein-Welt produziert und gleichzeitig das Leben und die Menschen auf Abstand hält. Ein raffinierter Trick!
Endlich konnte ich verstehen, warum immer wieder Beziehungen schmerzlich gescheitert sind, die ich im Schein dieser Illusion eingegangen war. Mit meiner rosaroten Brille idealisierte ich meine Partner*innen oder Freund*innen und setzte mich dadurch nicht mehr mit ihnen als ganz normale Menschen mit ihren Stärken und Schwächen auseinander. Gleichzeitig habe ich mich immer wieder demonstrativ vom Negativen im Außen abgegrenzt, so dass ich selbst noch heller schien. Aber warum?
Warum ich das wahre Leben meide
Genauer herauszufinden, warum ich das wahre Leben so sehr meide, ist nicht leicht. Auch das hat mit dieser zentralen Seite in mir zu tun, die sich immer wieder weigert, sich mit sich und ihrem unaufgeräumten Inneren auseinanderzusetzen.
Bei allem, was ich näher an mich heranlasse, steigen alte Gefühle in mir hoch, wie Scham, Schuld, Angst und Wut. Die Seite in mir bäumt sich dagegen auf, diese unangenehmen Gefühle zu spüren. So erlebe ich nicht nur das Negative sondern gerade auch das Positive als bedrohlich und setze ihm meinen starken Willen entgegen, indem ich es abwerte, abtue oder schlichtweg ignoriere.
Kleine Türen
Hin und wieder öffnen sich kleine Türen und ich wage es, aus meinem Fantasiezelt herauszutreten und mich ins Leben zu stellen. Für einen Moment spüre ich dann, wie es sein könnte, wenn ich wirklich wieder am Leben teilnehmen würde. Ich bekomme eine Ahnung davon, wie es wäre, wenn meine Kraft wieder in mein Leben fließen würde, statt dass ich sie nur für meine Abwehr nutze.
Diese Momente wecken eine Sehnsucht in mir, die mich erinnert und die mir hilft, mich weiter mit mir auseinanderzusetzen – eine Sehnsucht, die mich motiviert, etwas zu riskieren und zu wagen auf dem Weg zurück zu mir selbst.