Sommer-Intensiv-Zeit in Gravendal

Einblicke in Wort und Bild

Im letzten Sommer waren wir, Annette, Barbara, Sonja, Susann und ich, Stefanie, nach Schweden aufgebrochen, um uns mit Veeta und Artho Wittemann auf eine kreative Innenweltforschung zu begeben und uns im iSys-Miteinander-Leben zu üben.

Veeta hatte die tolle Idee für mich, ein Foto-Buch von unserer gemeinsamen Zeit zu gestalten. So gab ich jeder von uns zu Beginn ein leeres Heft und bekam es am Ende mit persönlichen Gedanken beschrieben zurück. Dann lag es an mir, aus meinem Bilder-Fundus eine Auswahl zu treffen und sie mit den Texten zusammenzufügen.

Aus dem Foto-Buch ist jetzt dieser Blog-Beitrag entstanden. Darin nehme ich euch mit auf unsere vielgestaltige Reise. Ich hoffe, das Lesen und Schauen bereitet euch Freude und ist euch Inspiration.

Unsere gemeinsame Zeit

Wir fünf waren unterschiedlich lange in Gravendal und haben dadurch in verschiedenen Konstellationen dort gewohnt.
Unsere Tage waren sehr vielfältig: Es gab Teachings, Einzelsitzungen, wir haben mit Veeta und Artho Gespräche über das dubistviele-Netzwerk geführt, individuelle Aufgaben zu unseren Prozessen vorangebracht und uns gegenseitig unterstützt.
Wesentlich war, uns im Alltag und im gemeinsamen Miteinander darin zu üben, uns auf iSys-Art zu beziehen. Veeta und Artho haben uns darin ermutigt und auch gefordert. Auf dass es ein kraftvolles, direktes, lebendiges und ehrliches Miteinander werde.
Hier einige Zutaten für ein iSys-Leben:
Mut zur Wahrheit – in Beziehung gehen – die Nein-Haltungen zeigen und ausdrücken – das Ja zu unserer Schrägheit – die Vermeidung nicht gelten lassen – sich einmischen – vertiefen – bis an die Grenze und dann noch weiter – eine große Portion Humor – reingehen – Kontakt, Kontakt, Kontakt …

Begonnen haben wir unsere gemeinsame Zeit mit einem Teaching von Artho zu den Geheimen Machtseiten. Wie ihr aus anderen Artikeln vielleicht wisst, sind die Geheimen Machtseiten eine ganz besondere Spezies. Aufgrund ihrer großen Entschlossenheit und Unabhängigkeit ist der Prozess mit ihnen herausfordernd.

Mit Artho erkundeten und reflektierten wir die vier Phasen der Entwicklung einer Geheimen Machtseite. Eine Lehrstunde in iSys-Art bedeutete: hineingehen, erleben, von dort aus selbst verstehen … Artho lenkte unser Augenmerk besonders auf die dritte Phase. Hier ist sich die Geheime Machtseite ihrer Macht und ihres Willens sicher, weil sie sich jetzt bewusst damit erleben kann – ohne sich verletzlich zu machen. Trotzdem denkt sie noch lange nicht daran, sich in Beziehung zu geben. Das würde ihre Lösung schlussendlich ins Rutschen bringen und sie würde Richtung Phase 4, in die direkte Beziehung… Nein nein, lieber behält sie die Kontrolle, genießt ihre neugefundene Power und verabschiedet sich mehr oder minder elegant aus der Gefahrenzone … So long, au revoir, hej då!

Uns die Realität dieser merkwürdigen Unbeirrbarkeit der Psyche anzuschauen – auch das war ein Teil unserer iSys-Sommerzeit. 

Auszüge aus unseren persönlichen Texten

Sonja
Phase 3: Die Phase der Ermächtigung. Ich kann auch mit meinem Nein da sein und mich hinstellen. Ich werde sichtbarer/spürbarer. Und bleibe auf der sicheren Seite.

Annette
Ich begreife, was Veeta und Artho mit der Phase 3 meinen.
Gestern, als ich Yara habe stehen sehen, die sich ein Stück an ihre Liebe zu Gott erinnerte und zugleich so fest in ihrem Entschluss blieb, sich nicht mehr auf die Menschen einzulassen, da habe ich begriffen, dass auch diese Phase ihren ganz eigenen Wert hat. Selbst wenn Yara dabei bleibt, dann ist so viel von sich zu verstehen doch gerade für eine Frau voller Geist, wie sie eine ist, wertvoll und auch heilsam.

Und doch bleibt da die Grenze. Ich begreife mehr, wie gut unsere Lösungen sind. So schräg sie sein müssen und so negativ sie auf das Miteinander und die Welt wirken. Dass es so ist, ist verrückt.

Außerdem begreife ich, dass man den letzten Teil der Reise alleine geht. Menschen wie Veeta und Artho sind wichtig, um überhaupt die Sehnsucht und die Erinnerung in mir aufzurühren, aber es ist eine Entscheidung in mir, eine Sache mit mir selbst und dem Leben.

Artho hat gestern gesagt, es gibt dann einen Kipp-Punkt, einen ‚point of no return‘, an dem man loslässt und es einfacher wird. Weil man sich dann dem Leben übergibt und sich ihm anvertrauen kann. So wie das Ganze selbst mit Vertrauen zu tun hat.

Am See

Immer wieder hat es uns hingezogen zu diesem traumhaften See mit seiner Weite, Stille und seinem klaren erfrischenden Wasser.


Sonja
VERPUPPUNG

Am Abtropfgitter an meiner Küchenspüle verpuppt sich eine verirrte Raupe.
Sie hat nicht den besten Ort gewählt.
Aber sie hat sich entschieden, ihr altes Kleid abzuwerfen.
Auch auf die Gefahr hin, dass die Veränderung misslingt, weil die Bedingungen nicht optimal sind.
Sie hat sich entschieden, den nächsten Schritt zu gehen.
Ihr Puppenkleid schillert verheißungsvoll in Gold und Grün.

Einblicke in unsere Prozess-Arbeit

Susann
An meiner tiefsten Stelle, in Marula, sind mir die Menschen egal, sie interessieren mich nicht. Ich erwarte nichts von ihnen, sondern sorge selbst für mich. Dazu nehme ich alles, was ich bekommen kann. Ich habe ein riesiges Lager angelegt, was ich niemals brauche, höchstens im Notfall. Ich verhungere nicht mehr und spare alles auf, damit fühle ich mich sicher.

Mein Herz ist zu Stein geworden und unter einer dicken Grabplatte begraben. Es ist auch für mich nicht mehr fühlbar, ich fühle nichts mehr, bin kalt, gnadenlos und egoistisch. Ich liebe nicht mehr, habe keine echte Lebensfreude und Lebendigkeit. Das hole ich mir deshalb heimlich von anderen.

Auswirkungen auf mein Leben:

  • ich bin ständig beschäftigt, um mein materielles, gutes Leben aufrechtzuerhalten, so wenig wie möglich zu fühlen, nicht in Beziehung gehen zu müssen/keine Zeit dafür zu haben
  • meine Beziehungen sind oberflächlich oder nicht kontinuierlich, es gibt wenig Nähe
  • ich bin ständig am Rechnen, Aufrechnen, um auf keinen Fall mehr zu geben als ich nehme/bekomme
  • ich bin nicht lebensfroh, lebendig und kreativ

Sonja
Heute habe ich erkannt, dass meine Vorderste Person, Lilly, in ihrer obersten Schicht eine Meisterin der “gepflegten Binse“ ist. Sie kann meisterlich Uneindeutigkeiten herstellen. Sogar Uneindeutigkeiten, die wie Eindeutigkeiten aussehen. Und Floskeln und Sprüche klopfen, die alles und nichts sagen.

Ich sitze auf der Bank am See, Annette steht neben mir und es fühlt sich genau richtig an. Ich kann auch im Sitzen groß sein. Und sie erweist mir damit die Ehre. Was für ein ungewohnter, besonderer Moment.

Ich diskutiere mit Artho und Veeta über Fabian Scheidlers Buch „Der Stoff aus dem wir sind“. Ein Kritikpunkt ist, dass die Appelle und Erklärungen eine falsche „Machbarkeit“ vorgaukeln. Als ob wir das alles einfach so ändern könnten. Solange sich in unserem Inneren nichts gewandelt hat, werden alle Bewegungen wieder ausgehöhlt und laufen ins Leere …

Etwas in mir wehrt und weigert sich dagegen, dass das so sein muss. Obwohl ich spüre, dass Yara in ihrem Elfenbeinturm das Gleiche tut. Die Dinge ins Leere laufen lassen, wenn sie zu nahe kommen.

Ich sitze in meinem Elfenbeinturm und spüre die Erleichterung des Abstands. Ich fühle meine/Yaras Unberührtheit und kann sie langsam sichtbarer werden lassen.

Stefanie
Meine 1. Sitzung mit Veeta. Mir ist nochmal viel klarer geworden, warum ich mir in diesem Leben meine kleine Nische gesucht und ganz viel vermieden habe. Tigerfrau hütet ihre Welt, die vernichtet wurde. Ein goldenes Zeitalter des Menschseins.

Seither halte ich mich immer im Abstand und erlebe mich fehl am Platz im Grossteil der Welt. Habe mich nicht geschult, mit der Welt umzugehen, mich zurückgezogen auf ein paar sichere Quadratmeter.


Was Veeta dann zu mir gesagt hat, war nicht leicht für mich zu hören, aber es ist wahr.
Dass ich auch sie und Artho zu den freundlichen Ausnahmen machen möchte. Dass sie beide die Menschen aber nicht vermeiden und das Dunkle und das Nein. Dass sie sich so tief es nur geht in das hineinbegeben und erforschen und viel Schräges in Kauf nehmen, weil sie wissen, dass es sich lohnt, das aufzuräumen.
Puh! Ich will die Möglichkeit nutzen, mich weiter zu erforschen.

Ich habe Veetas Rat befolgt und bin auf Tigerinnen-Wanderung gegangen. Es war sooo gut, den alten Schmerz und die Wut nach aussen zu richten und nicht gegen mich. Ich habe es sie „auskotzen“ lassen. Und sie hat ihren Klagegesang angestimmt. Ihre Feuerkraft ist die: mit Leidenschaft sich bewegen. Für die gute Welt. Sie hat ihre Kraft die ganze Zeit gehütet, weil das immer ihren Schrecken, ihre Verunsicherung wach macht.

Barbara

Zum persönlichen Prozess

  • Melchior hält meine Feuerfrau aus dem Leben, indem er sie neutralisiert; damit stellt er sie tot
  • ihr Nein ist berechtigt, weil ihr Unrecht geschehen ist
  • sie ist eine Kriegerin
  • Melchior muss lernen, den Frauen die Führung zu übergeben
  • ich habe mein Leben darauf ausgerichtet, dass ich nicht in meine Tiefe komme; dafür habe ich ein Umfeld gesucht, dass das verhindert

Was bedeutet meine jetzige Systemsituation für mein Leben?

  • dass ich nur mit den Aufgaben und Bedürfnissen der Welt und der Menschen beschäftigt bin und mein Gestaltungswille nur ganz wenig in meinem Leben vorkommt
  • dass eine starke Kraft in meinem Leben fehlt, die für etwas geht, was mir alleine wichtig ist
  • dass mir die Lebendigkeit in meinem Leben fehlt, da Melchior es so stark einseitig macht
  • dass ich die persönliche Beziehung verweigere
  • dass ich im Grunde sehr einsam bin, da Melchior keinen mehr näher kommen lässt
  • dass meine warme, bezogene Leidenschaftlichkeit in meinen Beziehungen fehlt

Erkenntnisse zur Individualsystemik als Entwicklungsweg

  • Die Klärung seines eigenen Systems ist ein lebenslanger Weg
  • Der Entwicklungsweg ist nicht alleine zu gehen, da es ein Beziehungsfeld braucht, in dem sich die Menschen aufeinander beziehen wollen
  • Sich beziehen heißt, sich nicht nur aus einem Ja heraus zu begegnen, entscheidender ist, das Nein in Kontakt zu setzen
  • Selbst mit mörderischer Wut kann ein Umgang gefunden werden
  • Nur durch die iSys kommt man an diese tiefen Stellen der Verweigerung, da in der iSys der Nein-Wille ernst genommen wird
  • Nur daraus kann in der Tiefe Entwicklung entstehen

Annette
Für uns alle heißt es nun, viel kritischer mit unserem Vermeiden umzugehen.
Ich vermeide Prozess-Zeit und Eigensitzungen, vermeide mein Alleinsein zu spüren und dem bewusst Raum zu geben und ich vermeide, es zu unbequem mit meinen Liebsten zu haben. Aus Angst? Get real! Das ist so ernüchternd in Bezug auf mich selbst, auf die Menschen und auf die Welt.

Einmal mit Ed Sheeran und Leonard Cohen auf der Wiese im Garten. Ab wann organisiert sich ein inneres System eigentlich selbst? – frage ich mich. Da meldet sich die junge verletzte Frau mit der Katze, dann taucht die Prinzessin auf, die nun Marie genannt werden möchte. Zwischendrin mischt sich Zoe mit einem Traum ein, wobei es jetzt eigentlich um Sophia gehen soll.

Aaron dazu: Kann ich hier wirklich die Zügel locker lassen? Muss ich nicht doch für Ordnung sorgen?
Und in mir, Aaron, spüre ich wieder mein Ringen, will ich mein Herz öffnen, werde ich es wagen? Die Liebe trägt einen irgendwann davon.

Um’s Haus herum

Wie ihr seht, waren wir auch im Außen tatkräftig am Werken!

Und wir sind weit ausgeschritten, um uns am selbstgebackenen Blaubeerkuchen zu laben.


Stefanie

Und plötzlich warst du ausgeschlüpft

Ich musste ein wenig weinen – vor Erstaunen und vor Freude

ungesehen bist du weitergeflogen


Hier seht ihr mich, die Fotografin.
Ich bin froh, dass ich mich der Aufgabe, diesen Beitrag zu schreiben und zu gestalten, gewidmet habe – mit all seinen Herausforderungen und Freuden.

7 Gedanken zu „Sommer-Intensiv-Zeit in Gravendal“

  1. Liebe Stefanie, was für ein schöner und berührender Beitrag. Ich werde ihn noch öfter lesen, weil so viele Details von jeder*m von euch drin stecken. Bei mir kommt gerade vor allem das Gemeinsame in eurem Tun und Sein an, was euch in dieser Zeit und eurer Forschungsarbeit getragen hat. Und ich finde, du bringst den besonderen Raum, den Veeta und Artho in Gravendal eröffnen, durch deine persönlichen Bilder zum Ausdruck.
    Vielen lieben Dank, dass du/ihr das mit uns teilt. Liebe Grüße

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  2. Liebe Stefanie,
    was für ein berührender und lebendiger Einblick in das „real life“ der individualsystemischen Arbeit! Du lässt mich hautnah spüren, welch innerlich und äußerlich auf- und anregende Reise ihr gemeinsam gemacht habt letzten Sommer.
    Deine Gestaltung ist sehr kunstvoll, leicht und inspirierend und du hast dabei die einzelnen auf eine liebevolle Art im Blick und schaffst einen menschen-freundlichen Rahmen für den Ausdruck ihrer Erlebnisse.
    Ich finde das toll, dass es das gibt auf dieser Welt – sich mit seinem Ja und Nein erforschen und ausdrücken zu können, dabei getragen zu sein in einem ehrlichen Miteinander und geführt von zwei so außergewöhnlichen Lehrer*innen.
    Danke, Stefanie, für diesen wunderbaren Beitrag!
    Liebe Grüße,
    Tilda

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  3. Liebe Stefanie,
    Wie schön auf diese Weise an eurem Aufenthalt und euren Begegnungen im Innen und Außen teilhaben zu können. Herzlichen Dank, Stefanie! Die Einladung, an den verschiedenen Prozessen etwas teilzuhaben, ist durch die Bilder und das Persönliche darin sehr lebendig. Danke für euren Mut euch zu zeigen.
    An den persönlichen Wegen teilzuhaben ist eine so gute Bestärkung. Ich beschäftige mich schon länger mit Wegen zur inneren Befreiung und kann bestätigen, dass mich keiner bisher so klärend und weit in meine Tiefe geführt hat wie dieser Weg. Der Einblick in die individualsystemische Arbeit mit Veeta und Artho Wittemann bietet eine schöne persönliche Orientierung und ermutigt mich. So ist es möglich, mich als Teil einer Reisegesellschaft zu fühlen, und die Bilder erinnern mich auf positive Weise an meine eigene Schweden(Innenwelt)reise, was mich ebenfalls berührt hat.
    Herzliche Grüße von Pepper

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    • Auch herzliche Grüsse an dich, liebe Pepper. Es freut mich, dass dich mein Beitrag persönlich berührt und du dich als Teil dieser grösseren Reise-Gemeinschaft erlebst. Danke für deine Worte an mich.

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