Warum klappt es nur nicht mit dem Stamm?

Schon vor 25 Jahren war ich begeistert von der Idee, so einen Stamm zu finden, gemeinsam zu leben, intensiv, ehrlich, wachstumsorientiert, kreativ. Ein gutes Leben für alle. Ich lernte wirklich sehr, sehr viele Menschen kennen, die mir versicherten, sie wollten auch Gemeinschaft: frei, verbindlich, ehrlich, offen, gleich, nah, authentisch, liebevoll, konfliktfähig …, wenn … – ja, unter welchen Bedingungen nur?

Monster des Alltags

Bevor ich erfuhr, warum all das leider eine schöne Vision geblieben ist, glaubte ich vor allem an eins: Schuld war ein „Monster des Alltags“: Die Umstände! Kennt ihr das? Die behindernden Umstände, ja, ja. Wenn eines Tages die anderen nur authentischer wären, reflektierter, mutiger, nicht so kapitalistisch, feministisch. Oder wenn die Kindheit besser gelaufen wäre, mehr Geld vom Himmel fiele … Die Liste lässt sich beliebig erweitern! Dir fallen bestimmt noch viele eigene Gründe ein, warum du diese schöne Vision nicht lebst, sie aber selbstverständlich unbedingt wollen würdest, wenn … ______________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________
(hier ist Platz für deine persönlichen Lieblingsumstände ;-))

Filztun-Balzrück oder unerreichbar für wesentlichen Kontakt!

Eine beliebte Ausrede unserer Zeit ist die Zeit selbst. Wenn ich nur mehr Zeit hätte. Freundlich und doch treffend stellt Benjamin Hoff dieses Phänomen im „Tao Te Puh“ dar. Pu der Bär will jemanden besuchen und trifft auf ein Türschild: „Filztun-Balzrück“, was soviel heisst wie: „… habe viel zu tun, bin bald zurück“. Ich nenne seitdem Leute mit diesem Lebensstil: Filztun-Balzrücks. Sie sind nicht erreichbar für wesentlichen Kontakt. Das Irre daran ist: Wir alle sind oft so. Ich selbst war eine „Filztun-Balzrück“-Meisterin. 

Mit so einer guten Entschuldigung sind wir immer auf der sicheren Seite. Wir können offiziell Ja sagen zu dieser wunderbaren Vision der Hopi und müssen nicht auf den Ort in uns schauen, von dem aus wir Nein dazu sagen. Dort wo wir eine Innere Person finden, die sehr machtvoll ist, unser Leben im Griff hat und diese Vision verhindern WILL! Sie hat sich vielleicht geschworen, nie wieder etwas mit Menschen zu tun zu haben, meidet Nähe oder misstraut der Welt. Manche genießen ihre unsichtbare Macht oder trachten sogar nach süßer Rache und lassen jede Beziehung scheitern. Sie existieren als graue Eminenz im Hintergrund und betreiben ihre Verhinderungstaktik. Sie alle wollen nie wieder verletzlich sein und haben sich darum vom Leben selbst abgewandt. Wir bekommen sie nie zu Gesicht.
Die meisten von uns stoßen früher oder später auf solche Anteile, die die IndividualSystemik „Geheime Machtseiten“ nennt.

Bis in alle Ewigkeit?

Das Schlimmste daran ist aber, dass es bis in alle Ewigkeit so bleibt, solange wir diese Kräfte und ihren Willen vor uns selbst und der Welt verstecken, anstatt dazu zu stehen und sie zu untersuchen. Ich selbst habe das sehr lange praktiziert. Mein geliebter „Schaf-Modus“, in dem mir alles immer unendlich leid tat und ich mein eigenes negatives Handeln leider gar nicht bemerkt hatte, hat meine Freunde zur ekstatischen Weißglut getrieben. Ehrlich gesagt: Es war leider gar nicht lustig – ganz im Gegenteil. Ich habe Nähe, Liebe und Beziehungen damit kaputt gemacht. Ich war im Tal des Zerstörungswahns gefangen und liebte mein Verließ. Erst mit der Zeit, als ich anfing, mein eigenes Werk der Zerstörung zu realisieren, und vor meiner negativ gewordenen Macht nicht mehr geflohen bin, ging es voran. Ich entkam dem Gefängnis und klettere nun Schritt für Schritt aus der Einöde empor zu grüneren, fruchtbaren Wiesen. Ich finde langsam neuen Boden. Deshalb kann ich nur sagen: „Nur Mut!“ Hinter der eigenen Hölle wartet neues fruchtbares Land! 

Die IndividualSystemik bietet für diese innere Reise ein perfektes Navi. Reisen müssen wir selbst. Und es ist keine gemütliche Kreuzfahrt. Es ist eine Abenteuerreise. Aber sie lohnt sich und macht lebendig.

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