Ziviler Widerstand im Inneren?

Persönliche Anleitung zum Umgang mit Geheimen Machtseiten

Als ich vor gut einem Jahr das Buch „Wann wenn nicht wir*“ gelesen habe – ein Handbuch zum zivilen Widerstand, herausgegeben von der sozial-ökologischen Bewegung Extinction Rebellion (XR) – war ich absolut fasziniert. XR, der „Aufstand gegen das Aussterben“, macht das große, vom Menschen verursachte biologische Artensterben zum Thema und will es durch kreativ-rebellische Aktionen aufhalten. Über viele Jahre haben die Initiator*innen geforscht, um herauszufinden, wie tiefgreifender gesellschaftlicher Wandel wirksam angestoßen werden kann. Sie sind auf das Konzept des „zivilen Ungehorsams“ oder zivilen Widerstands gestoßen. Gandhi gilt als einer der Väter dieser Idee und hat sie 1930 sehr eindrucksvoll beim sogenannten Salzmarsch in Indien angewendet.

Was mich so in den Bann gezogen hat, war allerdings nicht nur die systematische und zugleich kreative Herangehensweise von Extinction Rebellion. Sondern die Tatsache, dass ich all die vielen Wirksamkeitsfaktoren, die im Buch beschrieben werden, fast eins zu eins auf die Auseinandersetzung mit meiner inneren Geheimen Machtseite anwenden konnte, in der ich damals mittendrin steckte. Genau dafür liefert das Konzept des zivilen Widerstands ganz nebenbei eine beeindruckende Anleitung. Denn in beiden Fällen geht es um das Sichtbarmachen und Verändern von verdeckten Machtstrukturen.

Ziviler Widerstand und warum er wirksam ist

Ziviler Widerstand will soziale Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Machtmissbrauch explizit sichtbar machen und dadurch Veränderungen herbeiführen. Menschen setzen sich dabei bewusst, gemeinschaftlich und gewaltfrei über (ungerechte) Regeln und unter Umständen auch über geltende Gesetze hinweg. Sie laufen zum Beispiel, wie in Indien 1930, ans Meer, um dort im eigenen Land (verbotener Weise) Salz zu gewinnen. Solche Aktionen stören die Mächtigen. In der Reaktion auf den gewaltfreien Protest wird ihre Macht – und die vorher versteckte Gewalt, die damit verbunden ist – sichtbar: Die Menschen, die zivilen Widerstand leisten, werden u.U. festgenommen oder im Extremfall, wie beim Salzmarsch, sogar getötet. Das Ganze ist also alles andere als harmlos. Wer zivilen Widerstand leistet, ist bereit, sich selbst machtvoll – aber gewaltfrei – einer scheinbaren Übermacht entgegenzustellen, um die eigene Würde oder die einer Gemeinschaft wiederherzustellen. Und dafür etwas aufs Spiel zu setzen. 1930 war die Weltgemeinschaft empört über die sichtbar werdende Gewalt der Engländer gegen die Inder. Die Engländer mussten anfangen, sich mit ihrem Verhalten und ihrer Haltung auseinanderzusetzen. Heute wird der Salzmarsch als ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Unabhängigkeit Indiens betrachtet.

Wirksamkeitsfaktoren

Damit ziviler Widerstand als Werkzeug gesellschaftlicher Veränderung funktioniert, sollte man laut Anleitung in „Wann wenn nicht wir*“ …

  • eine größere Gruppe von Menschen sein.
  • ins Zentrum der Macht gehen, z.B. in die Hauptstadt.
  • bereit sein, gewaltfrei – also ohne anderen Menschen zu schaden – bestimmte Regeln und Gesetze zu brechen. (Nur, wenn die Mächtigen gestört werden, nehmen sie Notiz)
  • der Gewaltfreiheit oberste Priorität einräumen.
  • einen langen Atem haben, also dranbleiben und nicht zu schnell aufgeben.
  • die Bereitschaft haben, echte Opfer zu bringen (z.B. ins Gefängnis zu gehen).
  • nicht kämpfen, sondern den Prozess und das Zusammensein immer wieder mit Freude, Solidarität und Liebe füllen.
Viele Fäuste bilden ein Herz
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Ziviler Widerstand im Inneren

Was hat das jetzt alles mit der IndividualSystemik, innerer Arbeit und Bewusstseinsentwicklung zu tun? Und vor allem, was heißt das in Bezug auf die Geheimen Machtseiten?

Eine größere Gruppe von Menschen sein

Für die innere Arbeit mit einer Geheimen Machtseite ist es notwendig, die Inneren Personen im vorderen Bereich des psychischen Systems, also die eigene innere Gemeinschaft, schon gut zu kennen. Nur dann können sie sich solidarisch und in einem guten Miteinander einer Geheimen Machtseite zuwenden und sich ihr immer wieder (gewaltfrei) in den Weg stellen. Für mich als Ganze ist es ein andauernder Lernprozess, meine vorderen Inneren Personen im Blick zu behalten. Und Wege zu finden, dass sie Kontakt zueinander halten, für sich sorgen und einstehen.

Außerdem ist es unglaublich hilfreich und wichtig, im Außen in eine Gruppe eingebunden zu sein. Es braucht Menschen, die den gleichen Weg gehen und einen immer wieder herausfordern und unterstützen können.

Ins Zentrum der Macht gehen

Um meiner Geheimen Machtseite – bei mir ist es eine Frau – auf die Spur zu kommen, musste ich lernen, sie direkt und unverblümt in den Blick zu nehmen. Und zulassen, dass andere das tun, auch wenn es unangenehm ist. Lange war ich damit beschäftigt, meine Wahrnehmung zu schärfen, um mitzubekommen, wo Blue – so habe ich sie damals genannt – im Verborgenen machtvoll agiert. Zu Beginn konnte ich von ihr nur die äußerste Schicht spüren. Das war eine Art glatte Glaswand, an der alles und jeder einfach abgeglitten ist. Trotzdem bin ich genau zu diesem Gefühl immer wieder innerlich hingegangen. Ich habe mich meiner Blue aufgedrängt, habe angefangen, sie in ihrem absoluten, machtvollen Verborgensein zu stören. Weitere Ideen, wie man das machen kann findest du im Beitrag von Schneemohn.

Bereit sein, gewaltfrei Regeln und Gesetze zu brechen

Es war ein mühsames Geschäft, den vielen schlauen Strategien, die Blue entwickelt hatte, auf die Schliche zu kommen. Sie wollte lange unsichtbar bleiben, im Geheimen Rache nehmen und ihrer Überlegenheit frönen.

Regeln und Gesetze zu brechen, kann für die innere Arbeit an so einer Prozessstelle heißen, die Strategien der Geheimen Machtseite zu erforschen. Manchmal ist es dabei notwendig, sich wie die XR-Aktivist*innen auf diese „inneren Autobahnen“ zu setzen und sie – zumindest zeitweise – zu blockieren. Also Muster und Gewohnheiten, die z.B. der Ablenkung dienen, eine Zeit lang ganz bewusst einzuschränken. Auch wenn man das nur bedingt „machen“ kann – denn es gibt ja einen starken Willen in uns, den der Geheimen Machtseite, der es genau so haben will.

Für mich hieß das zum Beispiel, nicht mehr ein Selbsterfahrungsseminar nach dem anderen zu machen. Mich nicht mehr jedem Mann in die Arme zu werfen, nur um mich schnell wieder zu verabschieden, wenn es ernst wurde. Mich nicht automatisch mit einem Glas Wein am Abend „runterzuholen“ oder tagsüber mit Kaffee aufzuputschen. Mich ab und zu aus meinem permanenten Beschäftigtsein herauszuholen und auszuhalten, was in mir auftaucht, wenn ich „nichts tue“. Blue hat all das nicht gefallen und manchmal in helle Aufregung versetzt – genauso wie es bei Mächtigen ist, die es mit zivilem Widerstand zu tun bekommen.

Eine Frau protestiert gewaltlos auf einer Demo
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Der Gewaltfreiheit oberste Priorität einräumen

Man kann eine Geheime Machtseite nicht zwingen, sich zu verändern. Das habe ich eindrücklich erfahren, als ich versucht habe, meiner Machtseite „mit Gewalt“ auf die Spur zu kommen. Ich hatte mich für drei Wochen in die Einsamkeit der Berge zurückgezogen und jeden Tag Eigensitzungen gemacht. Das Ergebnis war, dass Blue ihre Abwehr extrem hochgefahren hat. Plötzlich hatte ich mit großem Selbsthass zu kämpfen und dem Gefühl, mir selbst nicht mehr trauen zu können. Ich konnte zwei Tage nicht mehr wandern gehen, denn ich hatte Angst, Blue könnte dafür sorgen, dass ich „aus Versehen“ einen Unfall am Berg habe. Sie hat mir deutlich signalisiert: „Bis hierhin und nicht weiter. Wenn du mir noch näherkommst, sorge ich machtvoll dafür, dass gar nichts mehr geht.“ – So sollte man es also nicht machen!

Ich musste mir neu Gedanken machen, was ein „gewaltfreier“ Forschungsweg ist und ein gesundes Maß an Selbstkonfrontation. Dabei hat mir meine Forschungsgruppe als Korrektiv geholfen, die ich bei diesem Selbstversuch unvernünftiger Weise außen vor gelassen hatte.

Einen langen Atem haben, also dranbleiben und nicht zu schnell aufgeben

Mit Blue in direkteren Kontakt zu kommen, war ein langwieriges und mühsames Unterfangen. Dabei „nichts zu wollen“ stellte mein Durchhaltevermögen immer wieder auf die Probe. Aber seit dem Sommer in den Bergen war ich mir sicher, Blue würde sich nur verändern, wenn sie selbst sich dafür entscheiden kann. In ihrem Tempo. Ob sie das irgendwann tun würde, war lange offen. Mein Job war es derweil, weiter Licht ins Dunkel zu bringen. Es ging darum, Blues Macht und Wille im Blick zu behalten und dafür zu sorgen, dass diese immer offensichtlicher wurden. Denn nur so konnte sie sich selbst, ihr Verhalten und ihre Haltungen erkennen, spüren und schließlich reflektieren.

Die Bereitschaft haben, echte Opfer zu bringen

Im Forschungsprozess geht es hier unter anderem um die Bereitschaft, Gefühle wie Schmerz, Leid und Ohnmacht zuzulassen. Sie zu fühlen, statt ihnen auszuweichen. Das gilt sowohl für die eigenen Inneren Personen als auch für die realen Menschen um einen herum.

Für meine vorderen Personen bedeutete das, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen, dass sie von Blue für ihre Racheaktionen benutzt und missbraucht wurden. Das tat weh. Und hatte schmerzliche Konsequenzen. So hat eine vordere Frau in mir, die sehr sinnlich ist, eine ganze Weile auf näheren Kontakt mit Männern verzichtet, um Blues Racheimpulsen keinen Raum mehr zu geben. Trotzdem saß Blue oft am längeren Hebel und setzte ihren Willen durch. Ob die anderen in mir das wollten oder nicht. Manchmal galt es schlicht, diese Spannung und Ohnmacht zu fühlen.

Sich als Mitforscher*in oder Begleiter*in einer Geheimen Machtseite in den Weg zu stellen erfordert ebenfalls die Bereitschaft, mit unangenehmen Gefühlen umzugehen. Man ist erstmal mit der Abwehr und manchmal auch mit einer ungefilterten Ladung aus uralten Zeiten konfrontiert.

Doch all die Mühe ist kein Selbstzweck: Wenn man Glück hat, merken die Geheimen Machtseiten irgendwann, dass es bei dem Ganzen auch für sie um etwas geht. Das ist der Zeitpunkt an dem sie sich fragen müssen, ob sie selbst bereit sind, etwas zu opfern: ihre Überlegenheit, ihre mächtige Position, ihre absolute Sicherheit, nie mehr verletzt zu werden. Wenn sie die Bereitschaft entwickeln, ihren eigenen Schmerz wieder zu fühlen, ist ein großer Teil des Weges gegangen.

Darin liegt auch das Geschenk des Prozesses verborgen: Wenn eine Geheime Machtseite sich – irgendwann, aus freiem Willen – wieder traut zu lieben. Obwohl es weh tun kann.

Nicht kämpfen, sondern den Prozess und das Zusammensein immer wieder mit Freude, Solidarität und Liebe füllen

Wir gewinnen unsere stärksten inneren Willenskräfte, die Geheimen Machtseiten, nicht im Kampf zurück. Nach Phasen intensiver Auseinandersetzung braucht es Pausen. Immer wieder habe ich mich ganz bewusst dem Schönen und Guten in meinem Leben zugewandt. Aus den Kontakten mit Prozess-Freund*innen, dem Austausch und gemeinsamen Momenten schöpfe ich Kraft. Langsam werden die Abwehr- und Schutzschichten durchlässiger. Da kann es passieren, dass meine Blue (die inzwischen einen neuen Namen hat) sich sogar selbst auf ihre innere Autobahn setzt und sagt: Das will ich so nicht mehr. Inzwischen gehört sie ganz selbstverständlich zu meiner inneren Gemeinschaft dazu. Und sie ist – vorsichtig – wieder bereit, etwas von ihrem Guten hineinzugeben.

Die Erde hat ein Auge und schaut dich an
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Extinction Rebellion hat mich für meine innere Reise sehr bestärkt und inspiriert. Ich würde mir wünschen, dass beide Prozesse – das Engagement für die Erde und das innere Aufräumen – irgendwann Hand in Hand gehen. Wenn wir den Personen in uns, die Macht über andere ausüben, in dieser Weise auf die Pelle rücken, können sie sich wieder spüren, reflektieren und verwandeln. Dann können sie zu verantwortungsvollen Führer*innen werden, die ihre Macht nicht mehr als „Macht über“, sondern als Macht mit anderen und für andere einsetzen. Zum Wohle des Ganzen, zum Wohle des Lebens an sich. Ich glaube, dass dies einer der entscheidenden Schritte wäre, das Aussterben der Arten und der Vielfalt zu beenden. In unserem Inneren, genauso wie draußen in der Welt.

Jetzt bin ich gespannt, ob du mit meinen Überlegungen etwas anfangen kannst. Ich freue mich über einen Kommentar von dir oder eine Frage zu meinem Beitrag!

11 Gedanken zu „Ziviler Widerstand im Inneren?“

  1. Liebe Rapante,
    vielen Dank für diesen Artikel, mit dem du so spannend und erhellend die Innen- und Aussenwelt verknüpfst. Er macht deutlich, wieso unsere Welt so ist wie sie ist, wenn wir annehmen, dass in vielen Menschen Geheime Machtseiten aktiv sind, die sich aus dem Engagement für die Welt zurückgezogen haben oder dieses sogar sabotieren. Ich hatte letzten Sommer einen erhellenden Moment, als ich einen Artikel über Belarus, das autoritäre Regime und den mutigen Widerstand las. Es kam mir vor, als ob sich meine Innenwelt in der Aussenwelt spiegelt, in beiden Aspekten. In dem Artikel berichtete ein Mann davon, aus der Polizeiarbeit ausgestiegen zu sein, da er sich so geschämt habe, Teil des Systems zu sein. Ich fand es mutig, dies zu benennen und die Scham als Motor zur Veränderung zu nutzen. Denn oft genug führt dieses Gefühl in mir und vermutlich auch bei anderen Menschen dazu, die Decke über den Kopf zu ziehen und so zu tun, als ob alles in Ordnung ist anstatt sich der unangenehmen Wahrheit zu stellen.
    Vielen Dank für die Gedanken zur richtigen Balance und der Gewaltfreiheit, die mich wachsam dafür machen, in meinen vorderen inneren Personen nicht in reaktive Wut zu verfallen und auch meiner Geheimen Machtseite zuzugestehen, dass sie ihr eigenes Tempo geht.

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    • Liebe Schneemohn,
      danke für deine weiterführenden Gedanken und deine persönlichen Erfahrungen. Ich finde dein Beispiel interessant, weil der Polizist, von dem du schreibst, eigentlich zu den Mächtigen gehört(e) und offensichtlich durch Wahrnehmung und Reflexion zu dem Schluss gekommen ist, dass er das so nicht mehr möchte. Dass er tatsächlich den Mut hatte, auszusteigen, finde ich auch sehr bemerkenswert. Ich stelle mir vor, dass in ihm ein ähnlicher Erkenntnis-Prozess stattgefunden hat, wie in einer Geheimen Machtseite, die anfängt sich selbst zu erkennen. In dem Zusammenhang kann Scham glaube ich ein ganz gesundes, heilendes Gefühl sein – eine Scham, die uns nicht vernichtet (auch wenn sie sich schrecklich anfühlt), sondern uns wieder an den richtigen Platz stellt unter den Menschen. So habe ich es jedenfalls schon erlebt.

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  2. Liebe Rapante, so wie du den zivilen Ungehorsam (scheinbar mühelos) mit dem Prozess der Geheimen Machtseiten verknüpfst, ist eindrucksvoll. Offensichtlich hast du diesen Prozess tief verstanden. Ja, es braucht viele, es braucht einen langen Atem, man kann nichts erzwingen, aber man kann die verborgene Macht herausfordern und in eine Selbst-Reflexion bringen. Irgendwann wird diese gewaltfreie aber beharrliche Strategie hoffentlich selbstverständlich werden – im Innen wie im Außen. Dein Artikel ist ein wertvoller Schritt in diese Richtung.

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    • Lieber Robert,
      ja, der erste Wurf für diesen Beitrag ging mir tatsächlich recht mühelos von der Hand, weil ich so von der Ähnlichkeit der Prozesse fasziniert war. Die Feinarbeit hat dann doch etwas Mühe gekostet 😉. Am Ende ist es oft das Schreiben selbst, das mir hilft, die Dinge noch ein Stück besser zu verstehen und das macht mich dann zufrieden.
      Ehrlicher Weise muss ich zugeben, dass es schon noch eine Lücke gibt bei mir, zwischen Theorie und Praxis. Mir selbst auf die Pelle rücken kann ich inzwischen ganz gut. Aber damit, mich mächtigen Menschen direkt in den Weg zu stellen und meine Werte offen zu vertreten, bin ich noch recht zurückhaltend. Dieser „Gefahr“ will sich meine Geheime Machtseite noch nicht aussetzen. Im Moment ist sie sozusagen noch nicht bereit, das Opfer, das dafür nötig wäre, zu bringen. Immerhin weiß ich wo ich stehe. Und bin gespannt, was sich über den Sommer weiterbewegt.
      Vielen Dank für deine Wertschätzung,
      Rapante

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      • Liebe Rapante, danke für deine Antwort.
        Du schreibst: „Am Ende ist es oft das Schreiben selbst, das mir hilft, die Dinge noch ein Stück besser zu verstehen und das macht mich dann zufrieden.“ Diesen Erkenntnisprozess, der beim Schreiben entsteht, kenne ich auch gut. Der ist fast schon genauso wertvoll wie das Ergebnis selbst. Das Schreiben zwingt uns zu Genauigkeit und (wenn wir es ernst nehmen und unsere schriftgewordenen Gedanken immer wieder neu betrachten), zu Ehrlichkeit. Das ist bei Dir sichtlich der Fall.
        Dann schreibst Du: „Mir selbst auf die Pelle rücken kann ich inzwischen ganz gut. Aber damit, mich mächtigen Menschen direkt in den Weg zu stellen und meine Werte offen zu vertreten, bin ich noch recht zurückhaltend.“
        Kenne ich auch gut. Geholfen hat mir, erst einmal mit den nicht nur mächtigen, sondern mir gleichzeitig auch wohlgesonnen Menschen anzufangen, und sie unmittelbar mit der mir innewohnenden großen Macht und Wucht zu konfrontieren. Für einige war es zuviel und sie fingen an zu weinen. Andere waren ermutigt, mir auf gleiche Weise zu antworten. So gewöhnen wir uns daran, dass große Macht etwas Gutes sein kann, wenn sie mit Liebe und Wahrheit verbunden ist. Und das ist sie fast immer, wenn eine ehemals Geheime Machtseite aus ihrer Tiefe spricht.

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        • Lieber Robert,
          danke für dein persönliches Teilen, wo es dir ähnlich geht/ ging wie mir. Es ist schön für mich, dass du merkst, dass mir das genaue Feilen an den Worten, bis es eben genau stimmt, so Freude macht.
          Deine Idee, das mit dem Hinstellen erstmal mit den mir wohlgesonnenen Menschen auszuprobieren, werde ich mir zu Herzen nehmen. Zumal meine machtvolle Frau gaaaanz langsam anfängt daran zu glauben, dass es solche Menschen tatsächlich gibt. Menschen, die sie in ihrer Größe – und Zartheit und Wucht – nehmen können.

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        • Lieber Robert,
          danke für deinen Kommentar. Er bringt einiges in mir in Bewegung.
          Ich habe eine sehr machtvolle Kämpferin in meiner Tiefe, die damit ringt, wo oder wann sie mit ihrer Art eine angemessene Antwort sein kann, von wenigen Situationen abgesehen. Menschen mit der eigenen Macht und Wucht zu konfrontieren ist sicher nicht automatisch Kampf. Aber es mündet oft in Kampf. Gerade bei Frauen ist große Macht zu zeigen für andere oft eine Provokation, die schnell als Kampfansage interpretiert wird. Ich frage mich, wieviel Wucht es braucht, meine Wahrheit wohlgesonnenen Menschen gegenüber zu vertreten, die mir wahrscheinlich eh (und anders besser) zuhören würden. Und ich frage mich, ob so eine Innere Person immer wuchtig sein muss. Sonst stelle ich mir für soviel Leidenschaft dann nur einen sehr kleinen Aktionsradius vor. Das wäre frustrierend.
          Aber wenn du sagst, dass große Macht in der Tiefe fast immer gut ist, machst du mir Mut. Denn obwohl ich das auch glaube, habe ich doch Zweifel.

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      • Liebe Rapante,
        ich kann in deinen Artikeln immer sehr fühlen, wie du dich um Wahrhaftigkeit bemühst. Du machst sehr nachvollziehbar, wie schwierig dieser Weg sein kann, aber eben auch wie lohnenswert.
        Ich kenne das sehr gut, was es heißt sich der Gefahr auszusetzen, ich scheue da auch noch sehr vor zurück. Sich zu zeigen ist halt immer ein Risiko. Da können wir nur üben. In sehr kleinen Schritten.
        Ich finde die Gewaltfreiheit auch ganz zentral, der Zusammenhalt und die Kommunikation zwischen meinen Seiten ist für mich ein sehr entspannender und erfolgreicher Weg, den Einzelnen näher zu kommen und ihnen zu helfen mit ihrem Schmerz da zu sein.

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  3. Liebe Rapante, dein Beitrag ist ein spannender Blickwinkel auf die Innen- und Außenwelt. Ich halte mich selbst gern für einen Menschen, der umweltbewußt unterwegs ist. Als ich begonnen habe, mich näher mit meiner hinteren Frau zu beschäftigen, hatte ich einen Aha-Moment im Supermarkt. Ich sah meine plastikverpackten Einkäufe auf dem Band vorbeiziehen und wusste auf einmal…. Ich bin verdammt weit weg von meinem Anspruch und Selbstverständnis. Auch meine Hoffnung ist, dass ich mit dem inneren Aufräumen mehr Engagement für meine Umwelt einbringen kann. Danke! Liebe Grüße Ramona

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    • Liebe Ramona,
      ja, das kenne ich auch. Es ist leicht, sich gut und überlegen zu fühlen an dieser Stelle, weil man ja so hohe Ideale hat. Und so schwer, einen ehrlichen Blick auf sich selbst zu werfen und sich die eigene Gleichgültigkeit oder latente Unersättlichkeit einzugestehen. In den letzten Wochen habe ich in Arthos Buch „Die Architektur der Innenwelt“ gelesen und gerade im 6. Kapitel über das indirekte Leben sehr erhellende Gedanken zu diesem Thema gefunden.
      Danke für deine Ehrlichkeit,
      und viele Grüße von Rapante

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      • Liebe Rapante, vielen Dank für den Hinweis. Da schaue ich gerne nochmal rein. Mich hat dein Artikel die letzten Tage noch sehr beschäftigt. Vor allem die Stelle, wo du deinen Rückzug in die Berge beschreibst und deine Erkenntnis, wie wichtig das richtige Mass ist. Damit ringe ich auch gerade. Du machst Mut durchzuhalten. Danke!
        Viele Grüße Ramona

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